Landesvorsitzender Steffen Hörning und sein Vertreter Karl-Heinz Langner sowie die Vertreterinnen und Vertreter der 43 Außenstellen des WEISSEN RINGS konnten zu ihrer diesjährigen Landestagung in Lehrte einen besonderen Gast begrüßen. Frau Professorin Dr. med. Anette Debertin von der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) stellte das von ihr mitgegründete „Netzwerk ProBeweis“ vor, dem sich mittlerweile 38 Kliniken in Niedersachsen angeschlossen haben. In ihrem leidenschaftlichen Vortrag wurde deutlich, dass die Betroffenen von häuslicher und sexueller Gewalt vertraulich und wohnortnah die Möglichkeit haben, Spuren der Straftaten professionell in den Partnerkliniken ohne Vorliegen einer polizeilichen Anzeige sichern zu lassen.
Frau Professorin Dr. Debertin, die das Netzwerk leitet und seit 26 Jahren als Rechtsmedizinerin tätig ist führte aus, dass viele Frauen direkt nach der Tat aus Angst oder Scham oder wegen der Bedrohung durch den Täter keine Anzeige bei der Polizei erstatten. Wollen die Betroffenen es später ggf. durch den Beistand des WEISSEN RINGS tun, fehlen meist die notwendigen Beweise für das Gerichtsverfahren. Das „Netzwerk ProBeweis“ konnte seit 2012 inzwischen 1600 Untersuchungen durchführen und Spuren, wie Hämatome, Bisswunden, Würgemale sowie DNA-Material beweiserheblich sichern.
Alle Zuhörerinnen und Zuhörer des WEISSEN RINGS waren sich einig, dass ProBeweis eine wichtige Lücke in der Gewaltopferversorgung schließt. Steffen Hörning und Frau Professorin Dr. Debertin sind überzeugt, dass das Thema häusliche und sexualisierte Gewalt nur durch gemeinsame Bemühungen aus der Tabuzone geholt werden kann und muss. Denn den 2021 angezeigten 161.000 Fällen von Gewaltopfern durch Partner oder Ex-Partner steht ein hohes Dunkelfeld gegenüber, so Günter Koschig, Ex-Polizist und seit 38 Jahren Außenstellenleiter in Goslar. Der Mitbegründer des Goslarer Netzwerkes gegen häusliche Gewalt weiter: „Durch die Gründung von Netzwerkkliniken werden die örtlichen Hilfesysteme gestärkt und den Betroffenen ein Weg aus der häuslichen Gewalt erleichtert.“