Der WEISSE RING ist 40 Jahre alt. Die größte Hilfsorganisation für Opfer von Kriminalität wurde am 24. September 1976 in Mainz von 17 Gründungsmitgliedern ins Leben gerufen – darunter der bekannte Journalist und Moderator von „Aktenzeichen XY…ungelöst“ Eduard Zimmermann. „Damals wie heute steht der WEISSE RING dafür, Opfern eine Stimme zu geben“, sagt Markus Müller, Außenstellenleiter beim WEISSEN RING in Salzgitter.
Anlässlich dieses Jubiläums fand am Vortag der 15. Bundesdelegierten-Versammlung in der Frankfurter Paulskirche ein Festakt statt. Festredner Bundesrichter Peter Müller hob die gesellschaftliche Relevanz des Vereins hervor: „Auch ein perfekt ausgebauter Sozialstaat kann Zuwendung, Mitmenschlichkeit und persönliche Nähe nicht garantieren“, betonte er.
Denn häufig leiden Opfer noch jahrelang nicht nur körperlich, sondern auch seelisch unter den Folgen einer Straftat. Der WEISSE RING hat es sich zur Aufgabe gemacht, die rechtliche und soziale Situation von Kriminalitätsopfern zu verbessern. Es wurde bereits viel erreicht: So hat sich nicht nur die finanzielle Unterstützung für Kriminalitätsopfer seitens des Staates verbessert. Opfer haben auch im Strafprozess mehr Rechte als früher und Anspruch auf umfassende und sensible Betreuung nach der Tat. „Getan ist unserer Arbeit aber noch lange nicht“, sagt Müller. Denn zum einen sei die Zahl der polizeilich erfassten Straftaten seit 1976, dem Gründungsjahr des WEISSEN RINGS, um fast 99 Prozent gestiegen. Zum anderen drehe sich in der öffentlichen und medialen Wahrnehmung zu häufig noch immer alles um den Täter, das Opfer bleibe in seiner Not, mit seinen Belangen und Bedürfnissen außen vor. „Hier gegenzusteuern, ist eine Kern-Aufgabe unseres Vereins“, so Müller.
Markus Müller war als Delegierter aus Niedersachsen mit dabei. Bei der Eröffnung des höchsten Vereinsgremiums wurde ihm vor den 230 weiteren Delegierten eine überraschende Würdigung durch die Bundesvorsitzende Roswitha Müller-Piepenkötter zuteil: Sie dankte Müller für 35 Jahre Mitgliedschaft und ehrenamtliche Mitarbeit im Verein. Humorvoll spielte sie auf den langen Zeitraum an, dass Müller: „Wohl schon als Kind in den Verein eingetreten sein müsse…“ Er war 1982 der bundesweit jüngste Außenstellenleiter.
Vielen hunderttausend Kriminalitätsopfern und ihren Angehörigen konnte der WEISSE RING bereits helfen: Seit Bestehen des Vereins wurden insgesamt mehr als 353.000 materielle Hilfeleistungen erbracht. Für Opferbetreuungsmaßnahmen wie Umzugshilfen, Hilfeschecks für anwaltliche oder psychotraumatologische Erstberatungen und rechtsmedizinische Untersuchungen wurden rund 141,1 Millionen Euro bereitgestellt. Auch vor Ort in Salzgitter konnten die neun Mitarbeiter/-innen des WEISSEN RINGS seit 1982 viel bewegen und 471 Menschen in Not mit Rat und Tat sowie rund 213.000 Euro an materiellen Hilfen zur Seite stehen.
In der Gesamtzahl gar nicht erfassbar sind die vielen zigtausend Stunden der ehrenamtlichen Hilfe, die die insgesamt rund 3.200 ehrenamtlichen, professionell ausgebildeten Mitarbeiter bundesweit erbringen: Sie leisten menschlichen Beistand, erörtern zusammen mit Betroffenen Hilfsmöglichkeiten, begleiten aber auch bei Gängen zu Gerichten, um als Vertrauensperson vor Ort zu unterstützen. Auch über das kostenlose und bundesweite Opfer-Telefon des WEISSEN RINGS bieten Mitarbeiter unter der Rufnummer 116 006 täglich von 7 bis 22 Uhr Trost und Orientierung. Im Sommer 2016 hat der WEISSE RING darüber hinaus eine Onlineberatung eingerichtet, um einen zusätzlichen und anonymen Zugang zu seinen Hilfsmöglichkeiten zu schaffen. Neben der praktischen Opferhilfe und dem öffentlichen Eintreten für Kriminalitätsopfer sind die Helfer des WEISSEN RINGS aber auch auf dem Feld der Kriminalprävention aktiv, um Verbrechen bestmöglich vorzubeugen und zu verhindern, dass Menschen (erneut) Opfer von Straftaten werden.
Die tragende Säule des WEISSEN RINGS bildet bis heute bürgerschaftliches Engagement. „Unsere ehrenamtlichen Mitarbeiter sind das Rückgrat des WEISSEN RINGS“, betont Müller. „Ohne ihren Einsatz wäre Opferhilfe in Deutschland nicht leistbar.“ Der Verein arbeitet seit seiner Gründung vollkommen unabhängig von staatlichen Finanzmitteln und finanziert seine Tätigkeit ausschließlich aus Mitgliedsbeiträgen, Spenden, testamentarischen Zuwendungen sowie von Gerichten und Staatsanwaltschaften verhängten Geldbußen. „Wenn es den WEISSEN RING nicht schon gäbe, müsste er erfunden werden – diesen Satz haben wir in den Jahren unseres Bestehens von vielen Menschen gehört, denen wir geholfen haben“, sagt Markus Müller. „Für uns ist entscheidend, ob wir helfen konnten, einen Weg zurück in ein normales Leben zu finden.“