„Ich spreche auch für jene, denen das Sprechen unmöglich ist...“, stellt Eva Wiedemann ihrem Vortrag voran. Und was die junge Frau dann berichtet, ist unfassbar! Sie ist zwar Schauspielerin, doch sie stellt auf der Bühne in der Aula des Gymnasiums Fredenberg keine Rolle dar. Sie berichtet hautnah und authentisch aus ihrem Leben. Gänsehaut, Unverständnis über Polizei und Justiz, Mitleid, Wut und einige nicht zu unterdrückende Tränen sind Reaktionen bei den mehr als 200 meist jugendlichen Zuhörerinnen und Zuhörern.
Eva Wiedemann wird von ihrem 'Partner' krankehausreif geprügelt, eingeschüchtert, total kontrolliert und mehrfach mit dem Tod bedroht. Er stellt ihr jahrelang nach und spürt von der Justiz keine ernsthaften Folgen. Das bestärkt ihn in seinem Tun. Die Polizei in Köln kann ihr keinen echten Schutz geben. Will sie ihr aber auch wirklich nicht helfen oder nervt das Opfer sie nur in ihrem Tagesgeschäft?
Ihr Martyrium findet erst in Braunschweig eine Unterbrechung, als ihr dort erneut vom Täter bei einem Theater-Gastspiel aufgelauert wird. Polizeihauptkommissar Ingolf Zupp ist der Sachbearbeiter, der sie ernst nimmt, sie auffängt und ihr neuen Mut gibt. Er gibt seine Erkenntnisse an die Polizei in Köln weiter und bleibt am Verfahren.
Alles begann mit einer glücklichen Beziehung. Ihr damaliger Partner hatte sie in einer Disco aus einer unangenehmen Lage geholt und wollte ihr Beschützer werden. Daraus entwickelte sich aber bald eine totale Kontrolle über sie. Sie durfte keinen Lippenstift mehr auftragen, sich nicht ohne ihn mit anderen Menschen treffen, er manipulierte ihr Handy, sah in ihr Tagebuch und wollte ständig wissen, wo sie war.
Als er ihr unterstellte, dass sie fremdgehe, forderte er eine Aussprache und lockte sie in eine Tiefgarage. Dort wurde sie unendlich lange 45 Minuten geschlagen und getreten. Er brach ihr dabei das Brustbein. Der Richter schien eher Verständnis für den Täter als für das Opfer zu haben. Er gab ihm trotz der vielen Vorverurteilungen erneut eine Bewährungsstrafe.
Die nächsten drei Jahre waren für Eva Wiedemann die Hölle. Hilfe fand sie bis dahin weder bei Polizei noch Justiz. Sie verzweifelte, hatte nur noch Angst. Erst in Braunschweig erfuhr sie bei Ingolf Zupp und dem WEISSEN RING Hilfe. Mittlerweile sitzt der Stalker im Gefängnis; noch für knapp ein Jahr. Diese Zeit will sie nutzen. Sie ist in Therapie, wird jede Nacht wach und nimmt Antidepressiva. Sobald ihr Peiniger freikommt, will sie ihren Beruf aufgeben, um untertauchen zu können. Denn sie ist sich seiner Rache sicher. Aber bis dahin will sie nicht schweigen. Mit ihrem Wissen und ihren eigenen Erfahrungen will sie die Gewalt bekämpfen! So eindrucksvoll wie auch hier in Salzgitter. - Und so ist ihr verzweifelter Schrei um Hilfe eine Anklageschrift!